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Neben meinem F3J Alltags Modell, dem Satori von Aerotec, schwebte mir schon immer ein handlicher Oldtimer Scale Segler in 4m Spannweite vor. Klassischer Holzbau war angestrebt, durchscheinende Flächen und eine gefällige Optik. Mein Interesse fokussierte sich auf den Komar im Maßstab 1:4 der Firma OldGliders in Polen. Auf einem unserer vereinsinternen Stammtische stachelten mich die Kollegen an, mich endlich auch mit klassischem Holzbau zu beschäftigen. Kurz darauf orderte ich ein Short Kit des Komar direkt in Polen. Wenige Wochen später musste ich einsehen, dass dieses Vorhaben vor allem meine Geduld überstrapazierte. Ein OldGliders Short Kit ist ein richtiges Männer Puzzle und die Pläne mussten richtig „interpretiert“ werden. Ohne Erfahrung im Bau entsprechender Segler erfordert das viel Geduld. Nicht gerade eine meiner Stärken. Fazit: Ich habe den angefangenen Holzhaufen einem Vereinskollegen übereignet und mir dann in einer Weihnachts Rabattaktion die ARF Version des IS-B Komar direkt bei OldGliders in Polen bestellt. Auch hier konnte ich nicht anders und habe beim Chef eine „Sonderversion“ geordert. Meine Änderungen beschränkten sich aber auf Farbwahl und eigene Kennung. Das Rot/Creme Modell auf der OldGliders Komar Gallerie zeigt meinen Komar. Die Kommunikation mit dem Chef gestaltete sich am Anfang etwas holprig in Englisch, aber mittlerweile ist es kein Problem. Ich hatte in regelmäßigen Abständen intensiven Kontakt mit OldGliders. Das „Warum“ wird später erläutert. Die Lieferung des Komars erfolgte per Spedition Schenker in einer massiven Holzkiste. Anbei einige Unboxing Bilder.

Mein Akkuschrauber hatte einiges zu tun, um die zahlreichen Schrauben zu entfernen. Vom Bau selber habe ich keine Bilder, aber dank ARF war nicht viel zu tun. Wegen Speedflug Aktivitäten hat sich der Bau trotzdem fast eine Saison hingezogen. Sogar mein Vereinskollege, dem ich das Shortkit übereignet habe, hatte seinen Komar schneller in der Luft, als ich meine ARF Version. Gut Ding will Weile!

Das komplette Modell ist mit Graupner Digital Servos ausgestattet. OldGliders empfiehlt Hitec und gibt entsprechende Listen heraus. Auf Quer und Seite werkelt ein DES 707, im HLW 2x DES 448. Die Landeklappen/Spoiler werden von 4Kg InoLab betrieben, die ich noch in der Kiste hatte. An der Schlepp Kupplung ist ein BlueBird 10Kg Servo mit Metallgetriebe. Die Stromversorgung läuft über einen Emcotec DPSI Micro Dualbat, welcher konstante 5,9V bereitstellt und über eine Magnetschalter Funktion verfügt. 2 Stück 2s 3500mAh Lipos versorgen die Anlage und sorgen für eine lange Betriebszeit. Man hätte die Akkus natürlich auch kleiner wählen können, aber vorne ist eh Gewicht nötig. Ob ich da jetzt Blei oder Lipos mitnehme ist dann nicht relevant. Empfangssystem ist ACT S3D 2,4Ghz mit einem 10 Kanal Empfänger. Ein Renschler Vario komplettiert die Ausstattung.

Wichtig war mir, dass man später an alle Teile einfach herankommen kann. Das ist für Wartung oder Austausch wegen Defekt sehr hilfreich. Dieser Überlegung folgend wurde ein Akkubrett entworfen, was sich vorne auf dem Alurohr der Schleppkupplung abstützt und Richtung Cockpit auf 2 Bolzen stehend verschraubt werden kann. Auf dem Brett sitzen die beiden 3500er Lipos und ein Teil des notwendigen Trimmblei`s. Der Komar hat einen geräumigen Rumpf, aber die Öffnung ist nicht sonderlich groß. Mit 2 Händen kann man nicht im Rumpf arbeiten. Der Empfänger sitzt unten auf dem Rumpfboden und direkt darüber befindet sich ein weiteres Anlagenbrett, auf welchem das Seitenruder Servo und der Emcotec Schalter verbaut sind. Auch dieses Brett wurde über 4 Bolzen mit entsprechenden Schrauben herausnehmbar gestaltet. So kann man zur Not an alle Teile heran, ohne sich die Finger zu brechen.

Vor dem Erstflug vermesse ich den Standstrom jedes einzelnen Servos! Viele machen das nicht und riskieren damit ihr Modell. Mein zweites Scale Modell ist ein alter Grauper Grob G-103 Segler, ebenfalls mit 4m Spannweite. Diesen habe ich fast verloren, weil im Flug die Spannungsversorgung eingebrochen ist. Die Schlepp Kupplung hat im geöffneten Zustand fast 1A Strom gezogen, die Landeklappen ebenfalls über 1A, dazu kamen QR Servos, Vario und Empfänger. Irgendwann kamen die Warnungen vom Vario: Vorsicht Spannung! Und auch das bei einem Emcotec DPSI Schalter, der eigentlich konstant 5,9V liefern sollte. Keine Technik auf dieser Erde ist unfehlbar. Seit diesem Vorfall kontrolliere ich alle Servos, wie viel Strom die in welcher Stellung ziehen. Dies mache ich für jedes Servo einzeln, und notiere mir die Werte. So erhält man u.a. auch eine realistische Grundlast des Systems, indem man die Ruheströme aller Servos addiert. So gewappnet ging es im Frühjahr 2014 zum Erstflug. Und hier begann das Desaster….

Hinter einer 2.20m Wilga mit ZG62 war der 6,2Kg schwere Komar nach wenigen Metern frei und bäumte sich sogleich stark auf. Nur durch starkes steuern von Tiefe konnte ich der Schleppmaschine folgen. Was waren die Ursachen? Falscher Schwerpunkt, oder falsche EWD? Direkt nach dem Ausklinken versuchte ich das Modell in einen Normalflug zu bringen. Mittels Trimmung war das nicht möglich, ich war am Anschlag. Ein Kollege hat dann, während ich geflogen bin, die Servotrimmung im Menü geändert, aber auch damit musste ich immer noch Tiefe geben. Bei der anschließenden Landung hatte ich feuchte Finger, weil das Modell laufen musste, um keinen Abriß zu riskieren und die Landeklappen vorher nicht getestet werden konnten. Dazu war die ganze Aktion zu hektisch. Die Landung war O.K. und es ging an die Fehleranalyse. Es wurden 300g Blei in die Nase eingeladen und die Trimmung so geändert, dass ein normaler Flug möglich war. Das HLW stand nun sehr deutlich auf „tief“. Der Komar flog wie ein „nasser Sack“! Aber selbst mit dieser Einstellung habe ich einen 20min Flug hingelegt, weil gute Thermik an diesem Tag herrschte. Ich war frustriert: Da kauft man ein ARF Modell, und dann fliegt das Ding nicht sauber! In unserem Verein hatten wir ein Modell gleichen Typs in der vergangenen Saison am Platz, welches ohne Probleme zu bewegen war. Ein Vergleich war nicht mehr möglich, weil der Kollege den Komar extern verkauft hatte.

Die Schwerpunkt Waage bestätigte mir, dass es nicht an einem falschen SWP lag. Nachdem ich mir eine Hangar9 EWD Waage gekauft hatte, konnte ich die EWD des Komar nachmessen. Wegen der großen Flächentiefe geht leider nicht jede Waage. Ergebnis: +6,4 Grad, wenn die Ruder in Neutralstellung sind! Mit meiner Trimmung bin ich dann schlussendlich mit +3,3 Grad geflogen. Das erklärt mein Fluggefühl, welches ich mit „nassem Sack“ beschrieben habe. Mit den Ergebnissen habe ich mich an OldGliders in Polen gewendet. Man bot mir an, den Rumpf einzuschicken, damit die EWD dort korrigiert werden kann. Mittlerweile hatte ich die Transportbox entsorgt und der Aufwand war mir einfach zu groß. Das geteilte HLW wird mittig von einem 10mm Voll CfK Stab getragen und vorne im ersten Drittel mit einem 3mm Torsionsbolzen gesichert, der im Rumpf in einem Alu Rohr geführt wird. Die Idee: Wenn man den Torsionsbolzen anhebt, wird die EWD verringert. OldGliders schickte mir Skizzen, wie die Sache auszusehen hat.

Aufgabe 1 war, das mit Epoxy eingeklebte Führungsrohr zu entfernen, ohne die Optik des Rumpfes zu versauen. Ich habe meinen Lötkolben in das Alu Rohn eingebracht, 400 Grad eingestellt, und nach kurzer Zeit ging das Rohr ohne Probleme raus. Nun wurde mit dem Dremel das Loch im Rumpf nach oben erweitert. Kein schönes Gefühl, den makellosen Rumpf so zu bearbeiten, aber das Ding muss sauber Fliegen! Alle Ruder in den Strak und dann mit der EWD Waage auf +1,5 Grad einstellen. Genau in dieser neuen Position habe ich das Führungsrohr mit Epoxy Mumpe eingeklebt. Es sitzt jetzt 4mm höher, als im ursprüngliche Zustand. Wie die Polen das hinbekommen haben ist mir schleierhaft. Fakt ist aber, dass es passiert war und der Komar mit +6,4 EWD schlicht nicht sauber fliegen kann.

Gestern war Erstflug mit der neuen EWD von +1,5 Grad, des Blei habe ich sicherheitshalber komplett drin gelassen (6,5Kg Abfluggewicht). Was soll ich sagen? Fast perfekt! Der Komar folgte der Schleppmaschine automatisch in der richtigen Höhe. Das HLW musste ich gar nicht anfassen, einfach nur mit Quer und Seite korrigieren. Thermik war gestern leider kaum, und ich denke es muss noch einiges an Blei raus. Der Komar fliegt jetzt gut, die Landeklappen wirken brutal und können sehr feinfühlig dosiert werden. Höhe Abbauen ist damit kein Problem. Nach 2-3 Flügen war ich mit dem Komar vertraut. Ende gut, alles gut. Nur die Strapazen mit der falschen EWD hätte ich mir sparen können. Also denkt dran: Bei neuen Fliegern immer EWD nachmessen! Der Hersteller kann erzählen was er will, an eurem Modell muss die EWD und der SWP stimmen.

Oliver Zanker

Oliver

...liebt Schokoladeneis in allen Variationen! :-)

Beruf selbstständiger IT Berater. Neben dem Computer Kram brauchte ich etwas handwerkliches zur kreativen Entspannung....so kam der Flugmodellbau in mein Leben.

Neben dem Modellbau bin ich leidenschaftlicher Windsurfer und oft mit meinem alten VW Bulli unterwegs. Mehr Infos gibt es unter "Wer schreibt hier?"